Kilometer 18: Wenn die Schule zu den Kindern kommt
Wir treffen Rose und Jomel im Tal, in einer kleinen Hütte im Dickicht unweit der Schnellstraße. Die Siedlung wirkt ein bisschen wie ein Campingplatz: Es gibt ein zentrales Waschhaus, und zwischen Bäumen verteilt, befinden sich mal größere, mal kleinere Hütten. Die Eltern zeigen uns gemeinsam mit ihrer kleinen Tochter Maria die etwa zehn Quadratmeter, auf denen ihre Söhne Isko und Teniel während einer Schulwoche lebten: Eine kleine Feuerstelle im Vorraum, auf der der „große“ Isko für sich und seinen Bruder einfache Reismahlzeiten kochte, eine kleine Schlafnische mit Matratze, eine Sitzecke. Kein elektrisches Licht, von einer Toilette ganz zu schweigen. Immerhin ist die Hütte recht stabil gebaut. Und, wenn am Äquator die Sonne um 17.30 Uhr untergeht, wird es sehr schnell sehr dunkel. „Wir hatten immer viel Angst um unsere Kinder. Essen sie genug? Schlafen sie genug? Sind sie sicher?“, sagt Rose. Die 31-Jährige ist den Tränen nahe, während wir mit ihr sprechen. Gleichzeitig merkt man ihr die Erleichterung an, dass sie und ihre Familie dieses Kapitel hinter sich lassen können. „Wir sind so froh, dass dies nun vorbei ist“, sagt sie. „Jeden Sonntagmittag mussten wir uns voneinander verabschieden, sodass die beiden vor Sonnenuntergang das Tal erreichen konnten. Jetzt haben wir sie wieder die ganze Zeit um uns herum und können auf sie aufpassen.“ An der Wand entdecken wir noch Iskos Auszeichnung für seine besonders guten schulischen Leistungen. Quasi als Erinnerung, warum er Woche für Woche hier allein mit seinem Bruder hauste …
Doch diese unhaltbaren Zustände haben sich nun geändert. Nicht nur für Rose, Jomel, Isko, Teniel und Maria, sondern auch für viele weitere junge Familien in Kilometer 18. Mit Hilfe von Spendengeldern konnte mitten im Bergdorf eine neue Schule errichtet werden – für alle Kinder nur einen Steinwurf von zu Hause entfernt.
Hier könnte die Geschichte enden. Tut sie aber nicht. Denn dieses Projekt ist mehr als das neue Gebäude. Es ist noch mehr als die Tatsachen, dass Familien nicht mehr getrennt werden müssen und dass Kinder lernen dürfen. Es steht für Teilhabe von Menschen, die marginalisiert in Armut leben. Es geht darum, dass sich Menschen in Gemeinschaft Ziele setzen, selbstbewusst für Verbesserungen in ihrer Gemeinde kämpfen und damit erfolgreich sein können.